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29. SEPTEMBER – 2. OKTOBER 2022

29. SEPTEMBER – 3. OKTOBER 2022

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Seeleute freuen sich auf die Wiedereröffnung des Seamen`s Club Bremen

Nun ist es bald soweit: Der Seamen`s Club der Bremer Seemannsmission e.V. öffnet wieder seine Pforten, und das in neuem Gewand. Nach internem Umzug und Renovierungen bietet die Einrichtung in der ersten Etage des Lichthauses an der Hermann-Prüser Straße lichtdurchflutete Räume, Begegnungen, Gemütlichkeit, Spiel und Gespräche für Seeleute aus aller Welt.

„Wir alle hier sehnen uns danach, dass es jetzt wieder losgeht und wir den Schiffsbesatzungen den Ankerplatz an Land und damit die Unterstützung geben können, die sie benötigen“, so Magnus Deppe, Diakon und Leiter der Bremer Seemannsmission e.V.

Für Austausch und Beisammensein ist gesorgt: Eine große Theke, eine Küche, gemütliche Sitzecken laden ebenso zu Gesprächen ein wie Billardtisch, Kicker und andere Spiele. Dazu gibt es eine große Leinwand für Aktuelles und Informationen aus Bremen und der Welt. „Natürlich geben wir auch praktische Unterstützung jeglicher Art, vom freien Internet, Hilfen in schwierigen z.B. gesundheitlichen Situationen und auch Seelsorge“, fasst Diakon Deppe zusammen.

Wegen ansteigender Coronazahlen in Bremen wird der neue Seamen`s Club jetzt zu Beginn nur wenige Besuche von Seeleuten zulassen können. „Aber immerhin, ein Anfang ist gemacht!“, so der Leiter der Einrichtung.

Über 2500 Seeleute in den letzten Monaten geimpft

Von „Anfang“ allerdings kann für den außenstehenden Betrachter nicht die Rede sein, denn neben dem baldigen Neubeginn des Seamen`s Club kann sich die Bilanz einer intensiven Unterstützung und Betreuung der Seeleute durch ein bald einjähriges Impfangebot der Bremer Seemannsmission e.V. sehen lassen.

Nach einem dreiviertel Jahr seit Juli 2021 sind allein hier im Stadtbremischen Hafen über 2500 Seeleute geimpft worden. „Zunächst hatten wir noch Hilfe vom Roten Kreuz, aber nach Abzug des ärztlichen Personals durch die Stadt mussten wir selbst zusehen, wie wir das auf die Reihe bekamen“, so Michael Klee, langjähriger hauptamtlicher Mitarbeiter der Einrichtung. Hilfestellung beim Impfen leistete dabei der Betriebsarzt Karl-Heinz Ullenboom und Silke Schätzel, Apothekerin aus Bremerhaven.

Geimpft wurde und wird an oft unkonventionellen Orten: Im Seemanns Büro Lichthaus selbst, wohin die Seeleute von den Schiffen per Pkws geholt werden müssen, auf den Schiffen, wenn die Kapitäne keine Landgänge wegen Corona erlauben, ja sogar auf der Gangway zum Schiff bei Sturm und schlechtem Wetter. „Wir versuchen, alles möglich zu machen. Unsere Devise: Schutz der Seeleute als erstes, dort wo sie von anderen keinen Schutz erhalten“, so Ehrenamtler Winfried Schumann, ehemaliger Kapitän auf den Weltmeeren, im Impfteam der Bremer Seemannsmission e.V. täglich im Einsatz.

Auch die Impf-Logistik war eine Herausforderung: Vom Apotheken-Kühlschrank bis zum kleinen Transporter, der durch die Beteiligung der Freien Hansestadt Bremen gefördert und so den Seeleuten bzw. der Seemannsmission e.V. zur Verfügung gestellt werden konnte. Und: Alle Impfstoffe mussten über den Betriebsarzt besorgt werden, von Johnson über Moderna bis zu BioNTech.“ So konnte die Impfdosis individuell nach Möglichkeit und Wunsch verabreicht werden.“ sagt Deppe. Und Michael Klee ergänzt: „Die Dankbarkeit der Seeleute ist riesengroß, besonders dankbar sind sie auch deshalb, weil sie die Impfungen zu Hause in ihren Ländern brauchen, damit sie dort nicht in Quarantäne müssen“.

Marleen Runge, die ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolviert, ist beeindruckt von der Dankbarkeit der Seeleute und betont, dass sich durch das Impfen auch wieder Gespräche und Kontaktmöglichkeiten bieten, egal ob es Philippinos, Inder, Türken, Bangla Deshi, Pakistani, Russen oder Ukrainer sind. Dabei zeigt sie eine Dankes- E-Mail von hoher See einer philippinischen Besatzung hoch „Best Seamen`s Mission of the World, Thank you for your attention“.

2625 Schiffsbesuche im Coronajahr 2021

Und noch ein stolzes Ergebnis gibt es zu vermelden: „Im letzten Jahr konnten wir mit unseren Teams genau 2625 Schiffsbesuche durchführen und das in einer besonders schwierigen CoronaZeit“ berichtet Magnus Deppe. Durchschnittlich also etwa sieben Schiffskontakte mit den Seeleuten aus aller Welt pro Tag, und das von Montag bis Sonntag!

Gestemmt wird die gesamte Arbeit in verschiedenen Teams. Basis sind zwei Hauptamtliche und eine FSJlerin, dazu kommen 12 Ehrenamtliche, wobei die Helfer bei den Besuchen sich aufteilen. Für alle sind die Besuche das Herzstück ihrer Arbeit. „Hier entsteht der Kontakt, die menschliche Begegnung über das geschäftige Be- und Entladen von Stückgut hinaus“, so das Team.

In der Corona-Zeit war und ist es allerdings nicht so leicht mit der Begegnung von Mensch zu Mensch. Die meisten Besuche im letzten Jahr spielten sich an der Reling, meist im Freien ab. Trotzdem waren die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bremer Seemannsmission e.V. oft über die lange Corona-Zeit die einzigen, die den persönlichen Kontakt zu den Besatzungen im Hafen hielten – mit ihren kleinen Geschenken, von Telefonkarten über Süßes und Lesestoff in der jeweiligen Sprache bis hin zu Tannenbäumen in der Weihnachtszeit.

Ein Vorteil für die Bremer Seemannsmission e.V. im Vergleich zu Missionen in anderen Häfen: „Hier im Stadtbremischen Hafen wird alles verladen, was nicht in einen Container passt – von Kaffee, Eisenerz, Kohle bis hin zu Fischmehl, Holz und Getreide“, erläutert Winfried Schumann. Im Vergleich zu den kurzen Liegezeiten in Containerhäfen braucht das Be- und Entladen in Bremen mehr Zeit. „Manchmal ein paar Tage! Und das bringt uns die Möglichkeit, die Besatzungen zu kontaktieren, Ihnen zu helfen und sei es auch schon mal einen Arztbesuch für einen Seemann zu organisieren“.

Dazu werden die Helfer der Seemannsmission in Nicht-Corona-Zeiten auch schon mal eingeladen, an Bord zu kommen, mit der Besatzung zum Beispiel mittags indisch oder griechisch zu essen. Da ergeben sich dann intensivere Gespräche. „Darauf freuen wir uns schon, wenn Corona endlich vorbei ist“, so das Team der Bremer Seemannsmission e.V..

Text: Ulrich Schmid

 

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